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Gerhard Schröder: Griechenland? Keine Probleme!

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Gerhard Schröder: Griechenland? Keine Probleme!

Es ist schon über eine Woche her, aber wir sollten es dem früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder trotzdem nicht durchgehen lassen, was er am 19. Mai in einem Interview mit der Bild-Zeitung zum Thema Griechenland und dessen Aufnahme in die Euro-Zone sagte – ein Schritt, der in die Amtszeit Schröders fiel und der damals auch ganz besonders von der rot-grünen Bundesregierung mit Außenminister Joschka Fischer betrieben wurde. “War es richtig damals, die Griechen in den Euro zu holen?”, lautete die Frage der Bild-Journalisten. “Ja”, antwortete Schröder. “Denn nach den Daten, die wir von der Europäischen Kommission bekommen hatten, gab es seinerzeit kein Problem. Danach haben sich alle griechischen Regierungen in eine Situation manövriert, in der sie hätten erkennen müssen, dass das Land Reformen braucht.” Auch wenn er reichlich unklar formuliert ist, will Schröder mit dem Satz insinuieren: Damals war Griechenland sauber, erst danach haben die Regierungen in Athen den Mist gebaut.

Welch eine Verdrehung der Tatsachen, welche eine Frechheit angesichts dessen, was Schröder damals klar war. Und man hätte sich wünschen können, dass die Kollegen da im Interview nachgefragt hätten. Nicht zuletzt ihre Zeitung beziehungsweise die Kollegen von der “Bild am Sonntag” haben vor einiger Zeit

schließlich noch einmal klargestelt, wie es damals gelaufen war. “Keine Probleme”? Auch die EU-Komission warnte damals bereits sehr wohl, “dass Griechenland besondere Anstrengungen unternehmen muss”. Die Europäischen Zentralbank EZB drückte deutliche Bedenken aus, und zwar öffentlich: “Anlass zur Sorge”. “Reform unverzichtbar”. Schuldenquote “sehr hoch”, “weitere und dauerhafte Sparbemühungen erforderlich”.

Die EZB warnte: „Aus einem anhaltend hohen Schuldenstand könnte eine Gefährdung entstehen, wenn Fehlentwicklungen im Haushalt Griechenlands dazu führen, dass das Ausfallrisiko der öffentlichen Verschuldung höher als bisher eingestuft wird.“ Die Bild-Autoren übersetzen diesen Satz: “Im Klartext: Wenn die großen Anleger den Griechen wegen ihrer Schulden nicht mehr trauen, werden ihre Staatsanleihen auf „Schrott“ herabgestuft – so geschehen im Frühjahr 2010, als Griechenland de facto pleite war.”

Im Jahr 2000 also keine Probleme in Griechenland sichtbar? Alles erst von späteren Regierungen verursacht? Wenn die Bundesregierung schon das, was die EU-Organe vorbrachten, nicht ernst nahm, dann hätte sie vielleicht wenigstens auf bundesdeutsche Instanzen hören können, die berufener nicht sein konnten: Für Hans Reckers, damals Chef der hessischen Landeszentralbank und somit auch Mitglied des Zentralbankrates der Bundesbank, war es damals schier unmöglich, die Griechen in den Euro aufzunehmen, den Beitritt mindestens um ein Jahr zu verschieben, es wollte niemand auf ihn hören. Als Reckers seine Bedenken dann gegenüber Journalisten aussprach, nahmen Schröder, Fischer und Finanzminister Hans Eichel dies nicht zum Anlass, noch einmal nachzudenken und zu prüfen. Eichel zog es vor, einen Brandbrief an Bundesbankchef Welteke zu schreiben, er solle Reckers zur Räson, zum Schweigen bringen. Wohlgemerkt: Die Bundesbank ist eigentlich eine unabhängige Institution, unabhängig vor allem von der Regierung.

Gewiss: Reckers Äußerung hatte damals an der griechischen Börse für Turbulenzen gesorgt, der Drachme Kursstürze beschert, was der Bundesregierung offenbar peinlich war. Doch genau diese Reaktion der Märkte hätte Eichel, Schröder und Fischer erst recht alarmieren müssen. Ein biusschen hatte es sich da ja bereits abgezeichnet, was die EZB in ihrer Warnung angedeutet hatte. Jedenfalls ist es unerträglich, wenn Schröder sich heute hinstellt und behauptet, es seien damals keine Probleme bekannt gewesen und alles sei erst später von den griechischen Regierungen in den Sand gesetzt worden.

Vielleicht wäre es 1999 ja sinnvoll gewesen, wenn der BND die NSA gebeten hätte, ein bisschen Wirtschaftsspionage in Griechenland zu betreiben. Dies am besten auch noch vor 1981, vor dem EU-Beitritt – wenigstens mal die Olivenbäume zählen.

Hier der Beitrag aus der Bild-Zeitung. Er ist aus einer Serie. Zum selben Thema interessant auch die anderen Folgen. Nur drei Jahre vor dem Beitritt Griechenlands zum Euro war derselbe noch als völlig indiskutabel angesehen worden. Und dann wurden innerhalb von ein, zwei Jahren alle Probleme gelöst? Für Schröder offenbar schon.

Donner und Doria


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